Mühlenspiegel 26

15 MÜHLENBECKIA FLORA E ine Pflanze mit dem Namen unserer Ge- meinde? Gibt es! Und hier die wahre Geschichte über das Grünzeug: Die kleine Pflanze, die man des Öfteren in gut sortierten Gärtnerei- en antrifft, gehört zu den Drahtsträuchern und ist am anderen Ende der Welt, in Australien und Süd- amerika, beheimatet. Die Reise nach Europa machte diese Pflanze, wie viele an- dere botanische Schätze, in der Zeit der sogenann- ten Pflanzenjäger ab dem 17. Jahrhundert. Wissens- hungrige Abenteurer, Bo- taniker und Ärzte wie Paul Hermann, Adelbert von Chamisso oder Alexander von Humboldt sammelten die fremden Pflanzen auf ihren Reisen und überstell- ten sie den Heimatländern und den entstehenden Gärten der Universitäten. Allein Humboldt brachte aus Süd- und Mittelameri- ka über 6000 Pflanzen mit, die in Europa größtenteils völlig unbekannt waren. Woher aber diese Name? Um diese Pflanzenschätze wissen- schaftlich bearbeiten zu kön- nen, brauchte es ein System, das gleichermaßen allen Wis- senschaftlern als Grundlage für die Benennung der Pflan- zen dient. Diese Nomenklatur hat Carl von Linne´ geschaffen. Seine Systematik hat in Teilen bis heute Gültigkeit und ordnet die Pflanzen u.a. nach Art und Gattung ein. Hier taucht nun unsere Muehlenbeckia wieder auf. Die Gattung Muehlenbeckia wird der Familie der Knöterichge- wächse (Polygonaceae) zuge- ordnet. Der Name der Gattung leitet sich vom elsässischen Arzt und Botaniker Heinrich Gus- tav Mühlenbeck (1798-1845) ab. Verdienstvollen Zeitgenos- sen wurde immer wieder die Ehre zuteil, Namensgeber für Die Wahrheit über die Mühlenbeckia Pflanzen zu werden. Heinrich Gustav Mühlenbeck hatte solch große Verdienste um die na- turhistorischen und besonders botanischen Zusammenhänge im Elsaß erlangt. Er hatte in Strassburg und Paris Medizin und Chirurgie studiert, seinen Doktortitel erworben und sich 1822 in Gebweiler und 1833 in Mülhausen als praktischer Arzt niedergelassen. Gleichzeitig wurde er als Naturforscher ver- ehrt. Er widmete sich vorzugs- weise den kryptogamischen Gewächsen (Pilzen) und war in diesem Fach weit und breit als gründlicher Kenner bekannt und geachtet. Mühlenbeck führte verschiedene wissen- schaftliche Reisen, u.a. in die Alpen, durch; zu seinen Haupt- aufgaben hatte er das Studium der Pilze erwählt. Sein Charak- ter wird mit „anspruchs- los, zugänglich, mitteilend und von der zuvorkom- mensten, liebenswürdigs- ten Dienstfertigkeit“ be- schrieben. So beschreibt der „Bericht über die Ver- handlungen der Natur- forschenden Gesellschaft in Basel vom August 1842 bis Juli 1844“ den Zeitge- nossen Heinrich Gustav Mühlenbeck. Er pflegte und erweiterte u.a. mit ei- genen finanziellen Mitteln sein sehr reiches Herba- rium, das u.a. Hauptbe- standteil der botanischen Abteilung des Museums von Mülhausen bildet und zugleich ein würdiges Denkmal des verdienst- vollen Mannes ist. Damals war es allgemein üblich, dass Ärzte Pflanzen sam- melten, denn Mediziner waren durch ihre Kennt- nisse über die Heilpflanzen dafür gut gerüstet. Erst im 18. Jahrhundert löste sich die Pflanzenlehre von der Medizin und es begann der Siegeszug der Botanik mit der Sammlung und Anpflanzung exotischer Pflan- zen in Landschaftsparks, Ge- wächshäusern und geschützten Beeten. Und so entstand letzt- endlich das Gärtnern, das bis heute populär ist. Die Muehlenbeckia ist eine kleine, dicht verzweigte, sommergrüne Pflanze oder Kleinstrauch mit kleinen, eher unscheinbaren Blüten und Blättern. Sie gedeiht Som- mers im Garten und kann als Zimmerpflanze problemlos kultiviert werden. Und was es mit dem Na- men auf sich hat, ist nun auch kein Geheimnis mehr. Eine kleine Pflanze trägt den Namen unserer Gemeinde. Wie kam sie dazu? Text: Gudrun Engelke Foto: Rita Ehrlich

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