Mühlenspiegel 27

9 KOLUMNENTITEL KIRCHENGEMEINDE TIERGESCHICHTEN ATUR Text: Monika Branoner, Sandra Freund Bild: Fotogruppe SichtWeisen, privat gefressen. Nur Berge von Jung- schwanenfedern lagen noch am und auf dem vereisten See. Sie hatten die Mauser nicht geschafft und konnten deshalb nicht fliegen. Ihre Eltern konnten ihnen nicht mehr helfen und waren geflüchtet. Offensichtlich war die Nahrungsgrundlage des vorangegangenen Jahres nicht ausreichend. Durch Auskünf- te und Absprachen mit einer Wildtierrettungsstation unseres Landkreises wurde ein Spezial- futter für Schwäne empfohlen. Durch Frau Branoners regel- mäßige Zufütterung konnten die Jungtiere der folgenden Brutsaison im November 2016 nach abgeschlossener Mauser erfolgreich fliegen. 2018 gab es am 22. Mai bei Paul und Paula erneut Nach- wuchs. Vier Schwanenküken erblickten das Licht der Welt. Eines wurde im Juni Opfer natürlicher Feinde. Glücklicher- weise konnte die Mühlenbecker Feuerwehr am 11. November verhindern, dass ein weiteres Jungtier auf dem Summter See ums Leben kam. Es hatte einen Angelhaken aufgenommen und sich in der Angelsehne verhed- dert. Für die meisten Schwäne ist dies ein Todesurteil. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an die Mühlenbecker Feuerwehr und an den Einwohner, der das Schlauchboot zur Verfügung gestellt hat. In der Zeit von Novem- ber bis Februar verlassen die Jungschwäne ihre Eltern. Häufig bringen die Eltern sie zu anderen Jugendgruppen, in denen sie lernen, was man zum Leben braucht und wo sie ihre Lebenspartner kennen- lernen. Bei unseren Summter Schwänen Paul und Paula war es anders. Am 1. Januar 2019 kam ein dominanter Schwan und nahm Kontakt mit unserer Schwanenfamilie auf. Er trennte die Jungtiere auf dem See von ihren Eltern und übernahm das Kommando. Am darauffol- genden Sonntag kamen neun Schwäne geflogen, die sich über den gesamten Mühlenbecker See verteilten. Der dominante Schwan kontrollierte wieder- um unsere drei Jungtiere. Ihre Eltern beobachteten alles aus sicherer Entfernung. Am späten Nachmittag verließen dann zwölf Schwäne den Mühlen- becker See. Zurück blieben die Eltern, die dem Summter See weiter die Treue hielten Auch in diesem Jahr gab es einen Zwischenfall. Paula brütete ab dem 23. März und zehn Tage später stürzte Paul früh am Morgen erregt und flügelschla- gend zum hinteren Zufluss des Teiches. Anschlie- ßend begab er sich wieder zu Paula. Sie kam aus ihrem Nest und beide paarten sich nach Schwanenart. Anscheinend war ein Ei gestoh- len worden, vielleicht auch das ganze Gelege. Wir werden es nie erfahren. Mittwoch, 8. Mai 2019, 17 Uhr. Schwanenvater Paul präsentiert sein erstes Küken in diesem Jahr. Er geht mit dem Kleinen links neben dem Nest ins Wasser, schwimmt ein kleines Stück am Schilf entlang, wobei lautes und aufgeregtes Piepsen zu hören ist. Unterdes- sen brütet Paula weiter. Als sich Vater und Kind rechts neben dem Nest befinden, verlassen sie das Wasser wieder und schlüpfen zu Paula ins Nest. Am nächsten Tag unternimmt Paula einen Ausflug mit sechs Küken. In diesem Jahr sind Paul und Paula erst am 25. Mai zum Summter See gewandert. Paul und Paula und ihre sechs Jungen sind wohlauf. Wir wün- schen Paul und Paula mit ihren neuen Küken viel Glück und Kraft für das bevorstehen- de Jahr. Dank des schnellen und beherzten Einsatzes der Mühlenbecker Feuerwehr konnte ein Jungschwan im November 2018 gerettet werden Wissenswertes Schwäne gehören zur Familie der Entenvögel. Wegen ihres weißen Gefieders und ihrer eindrucks- vollen Erscheinung haben sie Eingang in zahlreiche Mythen gefunden. Zum Beispiel nähert sich Zeus der Prinzessin Leda, Tochter des ätolischen Königs Thestios, in die er verliebt war, in der Gestalt eines Schwanes. Der Dichter Hans Christian Andersen schreibt das Märchen „Vom hässlichen Entlein“. Auch Komponisten widmen ihre Werke dem Schwan, u.a. Peter Tschaikowskys „Schwanen- see“, Camille Saint-Saëns „Der Schwan“ und die Gruppe Karat „Schwanenkönig“. Der Schwan steht nicht nur als Symbol für Liebe, Harmonie, Kraft und Freiheit, sondern vor allem für die Metamor- phose. Beim Schwan erfolgt die Umwandlung vom grauen Jungschwan zum wunderschönen weißen Schwan als Ausdruck der Vollkommenheit. Auch in der Geschichte finden wir den Schwan als Symbol der Umwandlung. So hat Jan Hus aus Böhmen vor 600 Jahren ver- sucht, die katholische Kirche zu reformieren. Er endete als Ketzer auf dem Scheiterhaufen und seine letzten Worte waren: „… aus der Asche wird ein Schwan auferstehen.“ 112 Jahre später hat Martin Luther an diesen Ausspruch angeknüpft und den Schwan zu seinem Wappentier gemacht. An Hus liegt es ver- mutlich auch, dass der Schwan auf alten Bildern in Kirchen ein Symbol für die Reformierung der Kirche durch Luther darstellt. So die Legende. Die Alsterschwäne sind ein Wahrzeichen der Stadt Hamburg und stehen unter Schutz. Die Futtermittel werden mit öffentli- chen Geldern bezahlt. Seit 1674 gibt es die Stelle des Schwanen- vaters, der sich voll und ganz um die Tiere kümmert, sie im Winter ins Winterquartier bringt und sie füttert. Denn die Legende besagt: Solange es den Schwänen gut geht, geht es auch Hamburg gut.

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