Zum Internationalen Frauentag / 9 Ein Erlebnisbericht Das war wirklich ein Frauentag, waren doch die meisten Besucher im reichlich gefüllten Mühlensaal Frauen. Jede wurde mit einer Rose begrüßt. Patricia und Frieder hatten den Kaffee und andere Getränke vorbereitet, und Christa hatte wieder toll für das leibliche Wohl gesorgt. Bevor Jürgen die Technik anwarf, führte uns Nane Pleger in die Vergangenheit des Frauentages. Von Clara Zetkin über Lina Duncker bis zu den Feministinnen der heutigen Zeit spannte sie den Bogen. Dabei erinnerte sie, dass z. B. das Wahlrecht für Frauen in Deutschland 1918 erreicht wurde (in der Schweiz 1984!) Dann kam der Film "Frau Stern". Wir erlebten Frau Stern in ihrem 90. Lebensjahr. Sie lebte in ihrer Wohnung, mobil und gepflegt – eigentlich ganz normal. Wenn nur die Todessehnsucht nicht wäre. Nur war dieser Gedanke gar nicht so ernst gemeint, sonst wäre nicht immer alles schief gegangen. Es war wohl die „öffentliche“ Einsamkeit, die ihr Kummer machte. Sie meinte ja auch einmal, dass sie sich mit der Einsamkeit „angefreundet“ hätte. Es störte sie auch, dass so alte Frauen nur noch „Mensch“ und kaum noch „Frau“ sind. Bei alternden Männern ist der Alterungsprozess ganz anders. Auf ihre Holocaust-Vergangenheit wurde nur leicht eingegangen. Die wenigen komödienhaften Szenen konnten kaum belacht werden, und die oft laute Musik konnte das Thema nicht verdrängen. Und so feierte Frau Stern – sehr gut gespielt von der 80-jährigen Schauspielerin Sommerfeld – ihren 90. Geburtstag. Das Leben geht eben weiter, bis zum Schluss. Es gab reichlich Beifall, wenn man auch berührt war und mancher recht nachdenklich wurde. Angelika Pleger und all ihre Mitstreiter hatten uns einen schönen Nachmittag geschenkt. Text: Edith Schellberg Warum ein „Frauentag“? Der allererste Frauentag 1911 stand unter dem Motto: „Heraus mit dem Frauenwahlrecht!“ Es ging also nicht darum, Frauen Rosen zu schenken, sondern darum, Frauen endlich als Menschen und Bürgerinnen anzuerkennen, ihnen die demokratischen Rechte zuzugestehen! Das Frauenwahlrecht haben wir in Deutschland nun seit 1918. Warum begehen wir also heute noch immer diesen Internationalen Frauentag? Schauen wir in unsere deutsch-deutsche Geschichte, so sah es in DDR und BRD unterschiedlich aus, wenn es um Frauenrechte ging: In der Verfassung der DDR von 1949 stand im Artikel 7: „Mann und Frau sind gleichberechtigt. Alle Gesetze und Bestimmungen, die der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufgehoben.“ In der Verfassung der BRD gab es zwar den Artikel 3: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“, aber für die tatsächliche Gleichberechtigung wurde sich rechtlich kaum eingesetzt. Es brauchte die Wiedervereinigung, den ersten gemeinsamen Frauentag am 8. März 1993, bis 1994 endlich der Artikel 3 um Absatz 2 ergänzt wurde: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ 2025 reicht das aber immer noch nicht: Wir brauchen eine tatsächliche Gleichberechtigung, nicht nur eine, die im Gesetz steht. Denn in unserer Realität haben wir dringend Nachholbedarf! Jeden Tag erleiden mehr als 700 Menschen häusliche Gewalt: 70,5 % der Opfer sind weiblich, während 75,6 % der Täter männlich sind. Jeden zweiten Tag stirbt eine Frau durch Partnerschaftsgewalt. Ein Viertel der deutschen Bevölkerung vertritt geschlossen Einstellungen, die sich gegen Bestrebungen der Gleichberechtigung aller Menschen einsetzen und genauso viele haben ein geschlossen sexistisches Weltbild. In dieser Realität zensiert gerade ein Mann als gewählter Präsident, in einem der mächtigsten Länder das Wort „Frau“. In dieser Realität wird hier in Deutschland eine Partei von 20,8 % der Bevölkerung gewählt, die sich offen gegen die Gleichberechtigung ausspricht, die in ihrem Parteiprogramm Förderungen für die Durchsetzung dieser Gleichberechtigung streichen will. Genügend Gründe auch noch 2025 den Frauentag in seiner historischen Tradition zu begehen. Wir feierten diesen Frauentag am 8. Mai 2025 mit einer Filmvorführung, die den Fokus auf einen Bereich der Realität der Frauen in Deutschland legt, über den wenig gesprochen wird: das Älter-Werden. Frauen sind eher von Altersarmut betroffen als Männer. Sie haben im Alter einen noch schwereren Zugang zur medizinischen Versorgung – und dass, wo die Medizin ohnehin schon den männlichen Körper als Norm hat. Und sie sind doppelt so häufig von Einsamkeit betroffen wie Männer. Zu allem Übel verschwinden Frauen ab 50 Jahren auch noch wortwörtlich von der Bildschirmfläche: In den Serien und Filmen, die über Bildschirme flimmern, kommen auf ein Drittel Frauen zwei Drittel Männer. Und diese drei Frauen, die wir sehen, die kümmern sich: um Männer, um Enkel oder um die Blumen. Oder aber sie sind verlassen, verwitwet, betrogen und sowieso asexuell ... Wir feiern also auch 2025 noch immer den 8. März, um für eine Realität zu kämpfen, in der Frauen als gleichwertige Menschen frei und unversehrt leben können, selbstständig und finanziell unabhängig sein können – und gesehen werden! Text: Nane Pleger Internationaler Frauentag in der Mönchmühle Am Samstag, den 8. März, feierten wir den Internationalen Frauentag im Saal der Historischen Mönchmühle. Mit Unterstützung der Gemeinde hatte Angelka Plegers Enkelin, die Literaturwissenschaftlerin Nane Pleger eingeladen, um in Gemeinschaft den spannenden und auch anspruchsvollen Film „Frau Stern“ zu schauen. In diesem Film von Regisseur Anatol Schuster verkörpert die 80-jährige Schauspielerin Achuwa Sommerfeld die gerade 90-jährige Frau Stern, die so langsam das Leben satt hat, aber dann doch nicht genug vom Feiern, Tanzen und Lieben bekommen kann. Dazu gab es kalte Getränke, leckere Torte und intensive Gespräche. Der nachdenkliche und in Teilen recht komische Film erreichte seine bleibende Wirkung auch durch die fachliche Hinführung Nane Plegers, mit Hintergründen zur Geschichte des Frauentags und seiner Zielsetzung bis heute, welche wir in Auszügen hier im Mühlenspiegel abdrucken dürfen. Danke dafür. Geschichte Die Idee für einen „Frauentag“ entstand auf der 2. Internationalen Frauenkonferenz im August 1910 in Kopenhagen. Die beiden deutschen Sozialdemokratinnen und Sozialistinnen Clara Zetkin und Käthe Duncker reichten einen entsprechenden Antrag ein, der von 100 Delegierten aus 17 Ländern angenommen worden. Sieben Monate später, am 18. März 1911, gingen dann über eine Million Frauen weltweit auf die Straßen. Nach gregorianischem Kalender hatte das am 8. März stattgefunden, daher führte Lenin 1921 den 8. März als Frauentag ein, um der russischen Arbeiterinnen zu gedenken, die auf die Straße gegangen sind. In der DDR feierte man den 8. März offiziell als den „Tag der Frau“. Im deutschen Nachbarland war dieser historische Tag etwas in Vergessenheit geraten, bis in den 1970er Aktivistinnen der Frauenbewegung den Tag und seine Bedeutung wieder öffentlich zelebrieren wollten. 1975 legte dann auch die UNO den 8. März als Internationalen Frauentag fest.
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