Mühlenspiegel 37

Keine Storchengemeinde? Eigentlich sei das Mühlenbecker Land wenig storchenfreundlich, erzählt er. Zwar gibt es hier gleich mehrere Nistangebote für den Weißstorch, die auch ab und zu von Störchen besucht werden. Aber tatsächlich brüten würden die majestätischen Vögel nur auf dem Schornstein neben der Kirche in Schönfließ und auf dem Schornstein an der Hauptstraße Mühlenbeck. Das liege daran, dass das Nahrungsangebot bei uns für mehr Storchenfamilien einfach nicht ausreiche. Schildow sei schon viel zu städtisch, Zühlsdorf zu bewaldet. Störche aber brauchen wilde Wiesen und Weiden im Radius von zehn Kilometern rund um das Nest. Von Monokultur und Ackerflächen haben sie nichts. „Insgesamt beobachten wir einen schleichenden Rückgang. Es gibt immer weniger Störche bei uns“, bedauert Herr Heigel. „Eigentlich bräuchte es eine Reproduktion von drei Jungstörchen pro Jahr, um die Population zu erhalten. Doch das erreichen wir bei weitem nicht.“ Viele Jungstörche schaffen es nicht bis ins Erwachsenenalter: Zu trockene oder zu kalte, regnerische Sommer schwächen die Nachkommenschaft. Und rund ein Viertel der Tiere kehrt von der langen, gefährlichen Reise nach Afrika nicht wieder zurück. Um so schöner, dass unsere beiden Horste seit über 45 Jahren fast jeden Sommer besetzt sind, und wir in dieser Zeit schon 200 gesunde Jungtiere nach Afrika entlassen konnten (siehe Infokasten). Aufzucht von Hand In schlechten Jahren, wenn Futtermangel herrscht, wird häufig ein Jungstorch aus dem Nest geworfen, damit die Geschwister eine Chance haben. Glück im Unglück: Viele von ihnen landen schließlich in der Voliere von Herrn Heigel, der sie von Hand aufzieht. Bis zu fünf Jungstörche gleichzeitig habe er manchen Sommer in Pflege, berichtet der Wildvogelspezialist. Die kleinen Störche füttert er zunächst mit Küken und Fischen. Die Fische stünden in der Natur zwar nur selten auf der Speisekarte dieser Vögel, doch er bekomme sie als kostenlose Spende vom Anglerverband vom Lubowsee. Später ziehen die Jungstörche um auf ein übermannshohes Nest im Garten, wo Herr Heigel die Tiere nur noch mithilfe einer Teleskopstange füttert. „Dort sehen sie mich dann nicht mehr. Die Tiere sollen sich ja nicht an den Menschen gewöhnen“, erklärt er. Von dort oben starten sie dann ihre Flugübungen und fliegen schließlich im August selbstständig in den Süden. Jungstörche bleiben die ersten zwei bis drei Jahre zunächst komplett in Afrika, bevor sie wieder zurückkehren, um sich in der Nähe ihrer alten Heimat ein Nest zu erobern. Vor ein paar Jahren habe er eines seiner „Storchenkinder“ im benachbarten Kremmen beim Brüten wieder begrüßen können, erzählt Herr Heigel mit spürbarem „Vaterstolz“. was...“ Die Wildvogelauffangstation in Wensickendorf / 35 Roland Heigel

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