Mühlenspiegel 39

Ukrainehilfe ein Zwischenfazit 1. Abholung und Unterbringung Es fühlt sich an wie eine Reise in eine ferne Vergangenheit, dabei ist das alles gerade einmal ein halbes Jahr her. März 2022: Der Winter war vorbei, der Frühling stand vor der Tür. An den Berliner Bahnhöfen (Bus und Bahn) drängten sich Tausende von Kriegsvertriebenen aus der Ukraine, die von einer chaotisch anmutenden ehrenamtlich organisierten Hilfe auf private Unterkünfte verteilt wurden. Hinzu kamen Menschen, die mit dem eigenen Auto anreisten oder von freiwilligen Helfern mit Bussen und Privatwagen von der Grenze zu uns gebracht wurden. Der Einmarsch russischer Truppen traf viele, auch Entscheider, unerwartet. Im Gegensatz zu 2015 traf die große Zahl Geflüchteter aus der Ukraine auf eine nicht ausreichend vorbereitete Organisationsstruktur. Schnell war klar: Auch im Mühlenbecker Land werden ukrainische Geflüchtete ankommen, daher stellte Bürgermeister Filippo Smaldino spontan einen seiner Stabsmitarbeiter zu 50 Prozent für die Arbeit als Koordinator der Ukrainehilfe frei. Wobei sich schnell zeigte, dass 50 Prozent zeitweise nicht ausreichen konnten und die Arbeit nach Feierabend nahtlos im Ehrenamt weiterging, weitergehen musste. Gemeinsam mit unverzichtbaren ehrenamtlichen Helfern baute die Ukrainehilfe fehlende Strukturen auf. In den ersten Stunden und Tagen war es insbesondere Ehrenamtlerin Jannice Leonhardt die bis zur Selbstaufopferung das „Matching“ zwischen Geflüchteten und Gastgeberfamilien koordinierte. Wer ist gerade unterwegs ins Mühlenbecker Land? Wer bietet was an? Passen die Menschen zusammen? Sind die angebotenen Wohnungen auch seriös und „sicher“? Daneben musste die große Hilfsbereitschaft der Menschen hier koordiniert werden, aber auch eine enge Kommunikation mit Entscheidungsträgern in den übergeordneten Behörden geführt und Fragen über Fragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet werden. Von Beginn an traf sich eine eigens gegründete Arbeitsgruppe, die alle relevanten Themen gemeinsam bearbeitet und im Konsens Entscheidungen fällte – über Mittelverteilung, Verantwortlichkeiten, alle notwendige Hilfe. Hier saßen wöchentlich Helfer aus allem politischen Lagern und der Zivilgesellschaft wie auch später Vertreterinnen der Kriegsvertriebenen selbst zusammen und stellten unter Beweis, wie sich kooperativ, mitfühlend und erfolgreich an einem gemeinsamen Ziel arbeiten lässt. 2. Bürokratie und Integration Nachdem die Geflüchteten untergebracht waren, ging es nun um die bürokratischen Prozeduren, die notwendig sind, um als Einreisender registriert zu werden und Sozialleistungen beantragen zu können. Auch hier war Ehrenamt unverzichtbar. Nach und nach wurde die Hilfe so engmaschig organisiert, dass die Geflüchteten sich nie alleine gelassen fühlen mussten. Zentrale Aufgabe der ehrenamtlichen Hilfe sahen dabei alle Beteiligten stets in einer Hilfe zur Selbsthilfe. Zum Glück stellte sich heraus, dass manchmal ein Anruf aus der Koordinationsstelle Mühlenbecker Land bei einer höhergestellten Behörde Abkürzungen im Behördendschungel auftun konnte und mitunter bürokratische Prozesse beschleunigen. Die Ukrainerin Nataliya Pysanska machte sich hier zunächst als Dolmetscherin, dann aber immer mehr als zentrale ehrenamtliche Mitarbeiterin verdient, die als Vermittlerin zwischen Ukrainer/innen und Behörde wie Ehrenamt agierte. An der Schildower Europaschule wurde Frau Pysanska als Lehrerin schnell zum unverzichtbaren Teil des Lehrkörpers. „Ohne Frau Pysanska 34 / Unkrainehilfe – ein Zwischenfazit Sprach man in den vergangenen Jahren von Krieg, so war dieser weit weg. Der Krieg in der Ukraine hat dies geändert. Flüchtlinge kamen – wir haben sie mit offenen Armen aufgenommen und konnten ihnen ein wenig Hoffnung schenken. Heute blicken wir auf die letzten Monate zurück:

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